Die Wirkung von Wortwiederholungen

In der Schule wurden Wortwiederholungen stets als falsch und uneinfallsreich eingestuft. Doch sie können viel mehr! Vorausgesetzt, man setzt sie richtig in seinen Texten ein.
Wann wirken Wortwiederholungen langweilig?
Wortwiederholungen wirken dann fehl am Platz, wenn sie einen Text eintönig machen und nach einem unausgereiften Wortschatz schreien. Sie fallen besonders dann auf, wenn sie immer an derselben Stelle in Sätzen verwendet werden (etwa am Satzanfang). Hast du keinen guten Grund, warum du ein Wort wiederholst, solltest du es nicht tun. Gute Gründe findest du weiter unten in meinem Artikel und du wirst sie auch kennenlernen, wenn du dich mit näher Rhetorik beschäftigen willst.
Wie können Wortwiederholungen vermieden werden?
Anstelle das gleiche Wort immer wieder zu verwenden, kannst du auf Synonyme zurückgreifen. Es gibt auch spezielle Synonym-Wörterbücher im Internet. Sie bringen Originalität und ein wenig Varietät in deinen Text
Man kann ein Wort auch durch (rückbezügliche) Pronomen ersetzen.
Zum Beispiel:
Die Sonne scheint vom Himmel und deren Strahlen wärmen meine nackten Arme.
Wie steht es mit gleichen Satzanfängen?
Laura geht von der Schule nach Hause. Die Sonne scheint warm vom Himmel. Laura liebt den Sommer und vor allem den letzten Schultag.
Die einfachste Art einen Satz zu formen, ist Subjekt Prädikat und Objekte in dieser Reihenfolge aneinander zu reihen. Wenn man aber mehrmals von der Handlung des selben Nomen (im oberen Beispiel die Person Laura) schreiben will, führt das zu langweiligen Satzanfängen. Die einfachste Methode zur Vermeidung:
Umstellen der Satzstruktur
Lege immer jenen Satzbaustein an den Anfang, dem du die meiste Bedeutung zuschreiben willst. Das muss nicht immer die Person sein, sondern es können auch Handlung, Ort oder Zeit sein.
Laura geht von der Schule nach Hause. Mit intensiver Wärme scheint die Sonne heute vom Himmel. Ihre Liebe gilt dem Sommer und vor allem dem letzten Schultag, denkt Laura.
(Viel besser, wenn nicht immer das Subjekt im Vordergrund steht, nicht wahr?)
Wortwiederholungen zu Satzanfang können aber auch Spannung erzeugen. Wie das funktioniert erkläre ich im nächsten Absatz.
Wie erzeuge ich damit Spannung und Stil?
"Noch nie hatte jemand nur im Geringsten mit mir mithalten können.
Ich war schnell. Ich war stark. Ich war ein Vampir.
Es war unmöglich, dass jemand existierte, der mit so übernatürlicher Geschwindigkeit wie ich laufen konnte."
Dieses Beispiel ist aus dem ersten Kapitel meines Romans Freunde der Vergangenheit. Eine Verfolgungsszene wird dargestellt und die Protagonistin Juliette rätselt, wie man ihre Gegner nur annähernd besiegen kann.
Wenn man etwas betonen möchte, dann eignen sich gezielt gesetzte Wortwiederholungen. Kombiniert mit kurzen schnellen Sätzen erzeugen sie Spannung und Bedeutung. Sie können auf Wichtiges hinweisen und verstärken die Bedeutung.
Wortwiederholungen findet man zum Beispiel als Anapher oder Kyklos unter den rhetorischen Stilmitteln.
Beispiel aus der Lyrik
Seele des Menschen,
Wie gleichst du dem Wasser!
Schicksal des Menschen,
Wie gleichst du dem Wind!
Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832)
Hier wird durch die Wortwiederholung die Bedeutung des menschlichen Seins verstärkt und wie leicht sich dieses verflüchtigt.
Ist meine Begeisterung für Wortwiederholungen auf dich übergeschwappt? Beachte aber beim Schreiben stets das bewusste Einsetzen, sonst werden sie zu grauenvollen Textverunstaltern.
Mein Tipp: Probiere viel aus. Setze Wortwiederholungen, lies dir die Texte laut vor und höre auf Klang in Kombination mit Bedeutung. Streiche unpassende Wortwiederholungen und freue dich, wenn du sie gut gesetzt hast. Am besten funktioniert das mit Texten, die du vor der Überarbeitung kurz liegen gelassen hast.
Wundervolle Wortwiederholungen wünscht dir
Nicole Hettegger
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